Anekdoten

Fäulnis im Seesack
Eine der lustigsten, aber auch etwas peinlichen Anekdoten, ereignete sich auf den Rückweg zu unseren Freunden in BC. Wir waren im Sept.1996 im Yukon. Wollten den berühmten „Indian Summer“ erleben. Wie schon vorher, verbrachten wir die letzten Tage unseres Urlaubs bei unseren Freunden in British Columbia. Da wir annahmen, dass es hier unten im Süden schon genauso kalt war wie im Yukon, hatten wir natürlich noch unsere dicken Holzfällerhemden an, dazu noch unsere Winterstiefel. Die Jacke hatte ich schon längst abgelegt. Trotzdem schwitzten wir bei etwa 18 Grad Plus.
Alle anderen Mitreisenden im Zug von Vancouver nach Williamslake, waren schon sommerlich gekleidet. Infolgedessen müffelten wir auch etwas und konnten uns ein Grinsen nicht verkneifen, als uns manche Leute auffällig unauffällig aus dem Weg gingen. Unrasiert und mit ausgewaschenen Jeans, den speckigen Hüten und den dicken Winterstiefeln sahen wir auch aus wie Einsiedler, die sich mal in die Zivilisation verirrt hatten. Am Bahnhof angekommen, nahmen uns unsere Freunde in Empfang.
Die nahmen unser Gepäck und fuhren damit zurück nach Hause. Wir wollten noch einen Tag bleiben und mit dem Mietwagen nachkommen.
Einen Tag später kamen wir auf der Gastranch der beiden an.
Wir bezogen die Cabin und machten es uns gemütlich.
Unser Freund kam lachend zu uns herein und rief: „Was habt ihr denn in euren Seesäcken? Habt ihr Leichen transportiert?“
Verwundert glotzten wir ihn an.
„Des hot jo gestunken, wie de Pest“, rief er im besten Kasselläner Dialekt und prustete vor Lachen. Und dann zeigte er uns, was er in den Säcken gefunden hatte. Da wir im Yukon noch Proviant übrig hatten, wollten wir den nicht einfach wegwerfen.
Wir stopften also alles noch vermeintlich Brauchbare dahin, wo noch der kleinste Platz war. Darunter waren auch Kartoffeln und zwei Packungen Hühnerschenkel.
Da es hier unten in British Columbia aber zu warm für solche Nahrung war, begannen die Kartoffeln wegen Luftmangel an zu faulen und auch die Hühnerschenkel hatten der Enge und der Wärme im Seesack nichts entgegenzusetzen und rochen etwas streng.
Manfred hatte alles schon in den Abfall entsorgt. Wir mussten nur noch der Ausrüstung und der Kleidung eine Wäsche und frische Luft verpassen.
Herzliches Gelächter war bei uns allen die Folge dieser Episode.

Der tropfende Whisky
Im Jahr 2000 besuchten wir wieder man den Yukon. In einem Hotel in Whitehorse, wo wir schon Jahre zuvor abstiegen, sortierten wir unsere Ausrüstung.
Machten uns dann fertig, für eine Kanutour, die neun Tage dauern sollte.
Wir beiden Junggesellen hatten natürlich auch geistige Wässerchen in Form von Whisky dabei. Das wir in faltbaren Kanistern eingefüllt hatten.
Wir wollten ja Abends am Lagerfeuer nicht trocken herumhängen!
Wir holten uns also kurz darauf einen dieser Wagen, die man in den Hotels zum Transport von Gepäck brauchte, und verstauten unsere Ausrüstung darauf. Damit fuhren wir nach unten und stellten ihn in der Lobby ab. Dann gingen wir nach draußen, um auf Jessika zu warten. Die sollte uns zum Anfangspunkt unserer Tour bringen.
Das Wetter sah nicht so herzerfrischend aus. Es nieselte so vor sich hin und die Temperaturen waren auch nicht grade hochsommerlich.
So standen wir wartend auf dem Parkplatz, als jemand unser Gepäck auf die Veranda schob. Ich dachte bei mir: „Na, was für ein Service!“ Dann erblickte ich unter unserem Gepäckwagen einen dunklen Fleck auf dem Holzboden. Misstrauisch schlenderte ich heran.
War hier etwa Wasser ausgelaufen? Konnte nicht sein. Einen vollen Wasserkanister hatten wir nicht dabei. Dann fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren. Ich ging noch näher heran und schnupperte. Es war unser Whisky! Da die Menge nicht in einen der Kanister passte, hatten wir den Rest in einen faltbaren Kanister umgefüllt. Den hatte Jürgen unglücklicherweise UNTER das ganze Gepäck verstaut. Der leichte, dünne „Beutel“ hielt das Gewicht unserer Ausrüstung nicht
stand und fing an zu schwächeln. Ein kleines Loch hatte sich gebildet und aus dem tropfte nun gleichmäßig das wertvolle Nass.
Jetzt wusste ich auch über den Service Bescheid.
Die ganze Lobby stank wie eine Destille.
Schnell kramten wir den Kanister heraus und flickten ihn provisorisch mit Klebeband. Noch mal Glück gehabt. Es war nicht viel abhanden gekommen.
Erleichterte Gesichter bei uns.
Kurz darauf erschien Jessika. Als wir ihr etwas kleinlaut erzählten, was geschehen war,lachte sie schallend.
„Na und?“, prustete sie. „Ihr habt Urlaub. Ist doch nicht weiter tragisch. Da hab ich mit anderen Leuten schon schlimmeres erlebt“
Etwas verschämt gestand ich ihr, dass mein Parka und eine Jeans von mir Whisky aufgesaugt hätten und fragte, ob sie so lieb wäre die Kleidungsstücke mitzunehmen.
Wieder lachte sie schallend.
„Na klar. Gib sie mir mit! Ich wasche sie durch und hänge sie auf zum trocknen.“
Erleichtert übergab ich ihr die mit Whisky durchschwängerte Kleidung.
Alsdann packten wir unsere Ausrüstung in den Pic Up und fuhren immer noch lachend
davon.

Brot backen in der Wildnis
Schon immer wollten wir mal wissen, wie es ist, in der Wildnis Brot zu backen. Ich hatte schon einiges gelesen darüber. Mit Erdlöchern voller Glut und dergleichen.
Wie der Teig hergestellt wurde, war mir und Jürgen bekannt. Nur wie backen?
Einen Ofen hatten wir nicht. Also gibt´s nur eine Möglichkeit: Es muss ein Loch gegraben werden und dieses mit viel Glut auffüllen. Dann muss alles gut abgedeckt werden und es hieß warten.
Ich überließ Jürgen diese Arbeit. Er wollte es so.
Na, dachte ich, dann soll er mal machen und sah interessiert zu, wie er sich abmühte,ein Loch in den Waldboden zu graben. Es schien schwierig zu sein. Dicke Wurzeln mussten mühsam mit der Axt beseitigt werden. Und ab und an war auch ein fetter Felsbrocken darunter. Doch Jürgen ließ sich nicht unterkriegen. Verbissen kämpfte er mit dem zähen Waldboden.
Ich setzte mich derweil auf meinen „Thron“ und gab mich einigen Tassen des Geistigen Wässerchens hin. Was mich wiederum dazu veranlasste, müde zu werden und die Augen zu schließen. In meinen Reitermantel gehüllt dämmerte ich dem Ende der Erdarbeiten zu. Was sollte ich auch anderes tun?
Irgendwann wachte ich auf und sah einen etwas abgekämpften Jürgen, der gerade dabei war, den Teig für das Brot zu kneten. Neugierig betrachtete ich das Erdloch. Für meinen Geschmack etwas mickrig. Er hätte größer ausfallen müssen. Doch ich sagte lieber nichts, sondern holte einige
große Holzstücke, um das Feuer auf Vordermann zu bringen, denn wir brauchten Glut. Viel Glut!
Glücklich lächelnd und schnaufend, knetete Jürgen an seinem Sauerteig. Dann wickelte er den Klumpen in ein sauberes Tuch und meinte: „So, jetzt muss er gehen.“
Ich konnte es mir nicht verkneifen und fragte: „Wohin soll er denn gehen?“
Grinsend antworte er: „Mindestens eine Stunde lang, soll der Teig aufgehen.“
„Na prima. Dann können wir ja, wenn wir Glück haben, zu Mitternacht eine Scheibe
Brot essen“, grinste ich unverschämt.
Jürgen kicherte nur: „So lange wird es nicht dauern.“
Naja, wer’s glaubt! Denn es war erst gegen Mittag und er hatte mit dem Wetter recht. Es wurde kaum besser. Zwar hatten sich die Regenwolken aufgelockert und immer öfter schien die Sonne. Doch der Wind blies mit unverminderter Kraft. Also nichts mit heute noch paddeln.
Das Feuer brannte mittlerweile lichterloh. Ich dachte so bei mir: „Fast wie ein Osterfeuer bei uns zuhause“.
Wir ließen es herunter brennen und Jürgen scharrte eilig die Glut in das Loch.
Naja, ob das reichen wird?
Dann wickelte er den Klumpen Teig in Alufolie und versenkte ihn wie bei einer Beerdigung hinunter in das Loch. Steine draufpacken,die ausgehobene Erde darüber,
mit Ästen und Zweigen abgedeckt und nochmals Erde drauf.
Jetzt hieß es wieder warten.
„Sieht aus wie ein Kindergrab“, spottete ich.
Es war Nachmittags und unser Brot lag jetzt ca. vier Stunden in dem Loch. Jürgen buddelte und buddelte. Dann hatte er das Objekt der Begierde erreicht. Er holte das silberne Ding heraus. Mit spitzen Fingern, – weil noch heiß – entfernte er die Alufolie.
Misstrauisch betrachtete ich das, was ein Brot sein sollte.
Jürgen zupfte einen Brocken aus dem – von außen sehr lecker aussehenden Klumpen – heraus, bohrte mit dem Finger hinein und verzog enttäuscht das Gesicht.
„Mhh, neee. Das war nichts“, brummte er. „Alles weich. Noch nicht durch gebacken.“
Und ich brummte so vor mich hin: „Sieht eher aus, wie ein Hasenkadaver.“
Enttäuscht legte Jürgen das Etwas beiseite und grinste: „Werden sich eben die Bären drüber freuen.“
Damit war das Thema Brot backen in der Wildnis vom Tisch. Und wieder waren wir um
eine Erfahrung reicher.
Alles was man so darüber liest, hört sich leicht an. Die Realität lehrt einem was anderes!